Sonntag, 10. Februar 2013

Der Aufstieg des Geldes

Der Fußball ist mittlerweile zur Milliardenbranche avanciert, indem nicht-finanzielle Faktoren in vielerlei Hinsicht immer mehr in weite Ferne rücken. Allein diese Saison wurden über 3.000.000.000 Euro für Transfers ausgegeben. Geld regiert die Welt und somit auch den Fußball.

Juli 1984. Diego Maradona wechselt vom FC Barcelona zum SSC Neapel. Der absolute Ausnahmespieler, der schon zu diesem Zeitpunkt für viele als der beste Spieler der Geschichte gilt, kostet 13.000.000 Euro. Für damalige Verhältnisse war dies eine Summe, die seinesgleichen suchte. Ein Rekord, der heute maximal müde belächelt wird.

Juli 2009. Cristiano Ronaldo wird nach langem Transfer-Hickhack von Manchester United zu Real Madrid transferiert. Die Ablösesumme beträgt einen Rekordwert, der bis heute nicht mehr erreicht wurde: 94.000.000 Euro. 25 Jahre Zeitunterschied, die 81 Millionen wert sind. Doch wie kommt so eine Progression zustande?

Teuer ist lukrativ

Insgesamt gab Real Madrid-Präsident Florentino Perez in besagter Saison über 250.000.000 Euro für Transfers aus. "Die teuersten Spieler sind am Ende die rentabelsten", begründete er seine Einkaufstour. Auf dem ersten Blick wirkt diese Logik etwas naiv. Genauer überlegt, liegt Herr Perez damit aber nicht einmal so falsch: Teure Spieler, die auch dementsprechend Leistung zeigen, generieren hohe Verkäufe im Fanartikel-Bereich. So soll sich Cristiano Ronaldo bereits ein Jahr nach seinem Wechsel in die spanische Hauptstadt nur durch seine Trikotverkäufe amortisiert haben.

Nichtsdestotrotz sind solche Mega-Transfers mit vielen negativen Aspekten ausgestattet - zumindest aus externer Sicht. Von anderen Vereinen werden die eklatant hohen Ablösesummen gerne als moralisch und ethisch verwerflich bezeichnet, da durch sie die gesamte Fußball-Finanzwelt aus den Fugen gerät. Wenige tiefe Griffe in den Geldbeutel mögen dem Business noch nicht schaden, werden die hohen Summen allerdings immer häufiger auf den Tisch gelegt, steigern sich die Ablösesummen global kontinuierlich. Vor allem für kleinere Vereine, welche finanziell nicht so stark sind, stellt dies ein sehr großes Problem dar.

Lösung Financial Fairplay?

Dies hat zur Folge, dass die Diskrepanz zwischen großen und kleinen Vereinen immer größer wird. Um dem entgegenzuwirken, hat die UEFA vor, das sogenannte "Financial Fairplay" einzuführen. Diese Regelung, die ab 2015 angewendet werden wird, soll helfen, das Ausgebeverhalten der europäischen Clubs besser kontrollieren zu können. Konkretes Ziel des FFP ist es, die Vereine soweit zu bringen, ihre Ausgaben rein nur durch ihre laufenden Einnahmen decken zu können. Kredite oder Finanzspritzen durch private Investoren sollen dadurch eingeschränkt werden.

Eine vereinfachte Rechnung bedeutet, dass die relevanten Ausgaben die relevanten Einnahmen eines Vereines nicht überschreiten dürfen. Sollte dies trotzdem der Fall sein, ist es gestattet, bis zu 45.000.000 Euro durch private Geldgeber auszugleichen. Die UEFA will diesen Wert jedoch baldmöglichst auf 0 senken, sodass rein nur mehr eigenerwirtschaftetes Geld aufgewendet werden kann. Eine Nichterfüllung der FFP-Regelung hat hohe Sanktionierungen zur Folge bis hin zum Nichterhalt der Lizenz für die Partizipation an europäischen Wettbewerben.

"La Liga" einer der Hauptbetroffenen

Es ist nichts Neues, dass Spanien wirtschaftlich nicht gerade gut dasteht. Davor macht auch der Fußball nicht halt. Mehrere Milliarden Schulden können die spanischen Erstligisten aufweisen. In sowohl positiver als auch negativer Hinsicht ist der FC Valencia hierbei ein gutes Beispiel: 2009 betrug der Schuldenberg der Blanquinegros 550.000.000 Euro, Höchstwert in der Primera Division. Nachdem 2007 mit dem Bau eines neuen Stadions begonnen wurde, wollte man das alte Mestalla für 400.000.000 Euro verkaufen. Aufgrund der späteren Immobilienkrise sank dessen Wert jedoch massiv.

Nur durch die Verkäufe ihrer Topspieler wie Villa, Silva oder Mata, welche etwa 100.000.000 Euro generierten, konnte sich der FC Valencia über Wasser halten. 2011 wurde man sich auch mit der Bankgesellschaft Bankia einig. Der Club vermachte dem Geldinstitut und einer Gruppe privater Anleger diverse Grundstücke, darunter auch das Gelände des Mestallas. Ein Schuldenerlass von etwa 250.000.000 Euro sprang dabei für den FC Valencia heraus, somit konnte der Verein seine Gesamtschulden auf 120.000.000 Euro senken.

Steuererhöhung als wichtiger Schritt

Seit dem 1. Jänner 2010 gilt Spanien nicht mehr als "Steuer-Oase" für ausländische Profi-Fußballer. Wer seither einen Vertrag abschließt und mehr als 600.000 Euro verdient, muss nicht mehr wie gewohnt 24% Abgaben an den Staat leisten, sondern stolze 43%. Auch England zog nach und hob am 1. April desselben Jahres den Spitzensteuersatz auf 50%. Auf positive Resonanz stießen diese Beschlüsse vor allem in Deutschland: Schon seit längerer Zeit war man punkto Einkommenssteuer mit 45% hier einer der Höchstreiter. Somit lässt sich der Punkt "Steuernachteile" von der Contra-Liste eines potentiellen Transfers in die Bundesliga streichen.

Wahnsinns-Verträge statt sportliche Perspektive

Erst vor wenigen Tagen publizierte die UEFA eine Studie, nach der die Verluste der europäischen Vereine auf ein Rekordniveau von 1,7 Milliarden Euro gestiegen sind. „Eine Beschränkung der Kosten ist und bleibt die größte Herausforderung für die Vereine“, äußerte sich dazu Verbands-Präsident Michel Platini. Auch die Spielergehälter sind nach dem Ergebnis dieser Fünf-Jahres-Analyse in Europa um 40% auf 8,6 Milliarden gestiegen. Wundern wird dies wohl kaum jemanden, nachdem der sportliche Wert eines Wechsels für Spieler immer mehr in den Hintergrund rückt, während der finanzielle Aspekt an Wert gewinnt.

Ein Beispiel hierfür ist der Transfer von Samuel Eto'o. Im Sommer 2011 wechselte der damals 30-Jährige Weltstar für 27.000.000 Euro von Inter Mailand zu Anzhi Makhachkala. Dass es dem Kameruner bei diesem Transfer an der sportlichen Perspektive lag, ist angesichts seiner Kontraktdetails eher unwahrscheinlich. Der russische Verein macht Eto'o mit einem Nettogehalt von 20.000.000 Euro jährlich zum bestverdienenden Fußballer der Welt. Doch damit nicht genug: Extra für ihn trainiert die Mannschaft in Moskau, via Privatjet fliegt man binnen 90 Minuten in die Heimstätte. Auswärtsspiele, die weiter als drei Flugstunden entfernt sind, darf der Stürmer dank seines Vertrages sogar verweigern.

Schlupflöcher im Financial Fairplay-Reglement

Es wäre naiv zu glauben, dass die Einführung einer einzigen neuen Regelung einen kompletten Umbruch der Fußballfinanzwelt bringen kann. Clubs wie Chelsea, Manchester City oder Paris Saint-Germain werden auch weiterhin dank ihrer privaten Investoren mit Geld herumwerfen dürfen, wie sie wollen. So wird beispielsweise letzterer Verein von einem Konsortium aus Katar gesponsert, welches angeblich plant, zukünftig das FFP mit einem speziellen Vertragskonstrukt zu umgehen. Ein Kontrakt mit der Tourismusbehörde von Katar soll dem Verein jährlich 200.000.000 Euro einbringen. Dies wird bei Weitem nicht das einzige Schlupfloch im System des Financial Fairplays sein.

Fazit

An der Werteverteilung im Fußball hinsichtlich der voranschreitenden Zunahme der Relevanz des Geldes und der im Gegenzug unwichtiger werdenden sportlichen Perspektive ist auch in Zukunft leider nichts zu ändern. Das FFP wird ohne Wenn und Aber einigen Vereinen Vorteile bringen, jedoch die wirklich finanzkräftigen Clubs auch weiterhin nicht am Geldausgeben hindern. Man kann nur hoffen, dass es auch zukünftig Spieler wie Maldini, Giggs oder Puyol geben wird, für die im Fußball das eigentlich Wesentliche im Vordergrund steht: Der Sport - und nicht das Geschäft.

Freitag, 1. Februar 2013

Ànims Abidal!

Für Barcelona's Nummer 22 waren die letzten Jahre äußerst turbulent. Sportliche Erfolge paarten sich mit privaten Schicksalsschlägen. Ein Blog-Eintrag über eine der wichtigsten Persönlichkeiten des katalanischen Fußball-Clubs.

Am 11. September 1979 wurde Éric-Sylvain Bilal Abidal im französischen Lyon geboren. Hier beging er auch den Einstieg in seine Fußballerkarriere. Bis 2000 spielte er beim AS Lyon Duchère, ehe er ablösefrei zum AS Monaco wechselte, für den er die folgenden zwei Jahre spielen sollte. Nächste Station bildete der OSC Lille. Erstmalig wurde auch eine Ablösesumme fällig, der Verein aus Nordfrankreich überwies den Monegassen 300.000€. 2004 ging es für ihn zurück ihn seine Heimatstadt zu Olympique Lyon, der Wechsel ging für 8.500.000€ über die Bühne. Drei Jahre später war es soweit, Abidal war auf dem höchsten Level des Fußballs angekommen: Der FC Barcelona legte im Sommer 2007 15.000.000€ für den französischen Fußballspieler auf den Tisch. Benvingut Eric Abidal!

Allerdings begann seine Karriere beim FC Barcelona nicht gerade rosig. Zwar konnte er sich sofort durchsetzen und brachte es in seiner Debüt-Saison bei den Katalanen auf stolze 46 Pflichtspiele, doch der Verein schloss die Saison titellos ab als Dritter in der Liga beziehungsweise als Halbfinalist in der Champions League und der Copa del Rey. Die Ära Rijkaard war damit ebenfalls beendet. 

Infolgedessen stellte 2008 einen groben Umbruch dar. B-Mannschafttrainer Josep Guardiola wurde als Profitrainer engagiert, Club-Größen wie Ronaldinho oder Deco verließen den Verein. Für Abidal und den FC Barcelona sollten sich diese Personalentscheidungen als glücklich erweisen.

Eine der ersten wichtigen Entscheidungen Guardiolas war die Neuzusammenstellung der Abwehrreihe. Neben Kapitän Puyol setzte sich Sommereinkauf und La Masia-Absolvent Pique in der Innenverteidigung durch. Rechter Verteidiger und ebenfalls Neuankömmling Alves besetzte von nun an die Position neben diesen beiden. Komplettiert wurde die Viererkette von Abidal, der auf seiner Hauptposition als linker Verteidiger ab sofort zum Einsatz kam. Schnelles, elegantes Verteidigen und dabei die Übersicht und die absolute Ruhe zu bewahren zeichnete sein Spiel aus. Ein verlässlicher Abräumer, der solide das Spiel von hinten aufbaute. Das Letzte, was man ihm unterstellen konnte, war mangelnde Einsatzbereitschaft.


Guardiola setzte Abidal als taktisches Defensiv-Äquivalent zu Alves ein. Die Hauptaufgabe des Brasilianers war das Dauerlaufen des rechten Flügels, primär mit Offensivaufgaben beschäftigt. Um dies auszugleichen, waren von Abidal nur wenige offensive Vorstöße zu sehen. Somit stellte er hinten eine dauerhafte Absicherung dar, die nur wenig Akzente Richtung gegnerisches Tor setzte. Dieser eher unauffällige Spielstil hatte zur Folge, dass er von vielen Beobachtern des katalanischen Fußballs nicht richtig geschätzt wurde. In Wahrheit waren seine Defensivqualitäten jedoch auf Weltklasseniveau, damals zählte er gemeinsam mit Spielern wie Evra, Cole und Lahm zu den besten Linksverteidigern auf dem Erdball.

Verletzungen des Stamminnenverteidigerduos und eklatante Formschwächen der Ersatzleute Marquez und Milito zwangen Abidal immer häufiger in die Zentrale zu rücken. Die Position des Innenverteidigers bekleidete er allerdings genauso souverän wie die des Linksverteidigers.

Ein Rückschlag in seiner sportlichen Karriere stellt das Champions League-Halbfinalrückspiel gegen den FC Chelsea in London dar. In der 66. Minute erhielt der Franzose eine sehr fragwürdige rote Karte und wurde somit für das Finale in Rom gesperrt.
 


Davon ließ er sich allerdings nicht entmutigen. Im Gegenteil: Er steigerte seine Leistungen kontinuierlich und selbst eingefleischte Culés waren überrascht, welche Reserven noch in diesem Spieler steckten, hatte er zu diesem Zeitpunkt doch immerhin auch schon die 30-Jahre-Marke überschritten. Leider stoppte eine Knieverletzung im Februar 2010 seine großartige Form und zwangen ihn zu einer zweimonatigen Pause.

Währenddessen hatte auch das Portal "transfermarkt" seine positive Entwicklung honoriert und erhöhte am 12. April 2010 seinen Marktwert auf 20.000.000€. Eine stolze Zahl für einen Linksverteidiger dieses Alters.


Jedoch war es Abidal so bald nicht möglich, seine herausragenden Leistungen zu wiederholen. Kaum hatte er sich von seiner Knieverletzung erholt, zog er sich eine Leistenverletzung zu, wodurch er zunächst gegen Ende der Saison seinen Stammplatz gegen Maxwell verlor.

Die Saison 2010/11 sollte allerdings wieder einen positiven Schwung in seine sportliche Karriere bringen. Er kämpfte sich in die erste Elf zurück und wurde erneut unumstrittener Stammspieler. Taktische Umstellungen machten es ihm nun auch möglich, öfters am Offensivspiel der Mannschaft teilzunehmen. So kam es im Cup-Rückspiel gegen Athletic Bilbao am 5. Januar 2011 auch zu einem ganz besonderen Ereignis: Eric Abidal erzielte sein erstes Tor im Trikot des FC Barcelona und schoss damit sogar seine Mannschaft in die nächste Runde.


Zwei Monate später sollte allerdings der größte Schicksalsschlag seines Lebens folgen. Am 15. März 2011 publizierte der FC Barcelona auf seiner Webpräsenz einen Artikel, der verlautbarte, dass ein Lebertumor bei Abidal diagnostiziert worden sei. Bereits zwei Tage nach dieser Schreckensmeldung konnte die erfolgreiche Operation und Entfernung des Tumors bekanntgegeben werden. Jedoch war natürlich eine längere Fußballpause von Nöten, die Ärzte prognostizierten ihm das Saison-Aus.

Während dieser schweren Zeit bekam Abidal Unterstützung von allen Seiten. Beim Heimspiel des FC Getafe gegen den FC Barcelona am 19. März 2011 gab es in Anlehnung auf seine Rückennummer während der 22. Minute 60 Sekunden lang Standing Ovations. Beim Aufeinandertreffen seines Heimatvereins Olympique Lyon gegen Real Madrid trugen beide Mannschaften T-Shirts mit positiven Botschaften in Richtung Abidal.

Zur Überraschung aller fand er sich bereits sieben Wochen nach der Operation wieder im Aufgebot des FC Barcelona wieder. Er wurde in der 90. Minute im Champions League-Rückspiel gegen Real Madrid für Puyol unter stehenden Ovationen eingewechselt. Der Kapitän der Katalanen zeigte nach dem späteren Finalsieg im selbigen Wettbewerb, bei dem Abidal sogar über die volle Distanz spielte, eine großartige Geste, indem er ihm spontan kurz vor der Pokalüberreichung die Kapitänsschleife übergab. Somit wurde Abidal die Ehre zuteil, als Erster den Pokal hochstemmen zu dürfen.

In der Saison 2011/12 konnte Abidal wieder an alte Zeiten anknüpfen und etliche Spiele durchspielen. Am 18. Jänner 2012 erzielte er seinen zweiten und bisher letzten Treffer für die Katalanen. Im Copa del Rey-Viertelfinalhinspiel gegen Real Madrid erhöhte er auswärts auf 2:1, bei dem es auch bis zum Schlusspfiff des Schiedsrichters bleiben sollte.


Sein bisher letztes Spiel bestritt er im Nationaldress gegen Deutschland am 29. Februar 2012. Aufgrund einer leichten Hüftverletzung musste er drei Wochen pausieren, was grundsätzlich nicht weiter schlimm war. Im April jedoch musste die nächste Schocknachricht bekanntgeben werden: Bei einer Routineuntersuchung wurde festgestellt, dass der Krebs wieder zurück war. Diesmal nicht entfernbar, eine Heilung war nur per Lebertransplantation möglich. Noch im selben Monat unterzog er sich der notwendigen Operation, bei dem ihm ein Cousin einen Teil der Leber spendete.

Die beiden überstanden die Transplantation ohne Komplikationen. Seither befindet sich Abidal in einer Rehabilitationsphase. Im Dezember letzten Jahres konnte er sogar sechs Monate nach der Lebertransplantation wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Dass er eine Kämpfernatur ist, hat er bereits mehrfach bewiesen, nicht nur im Bezug auf seine Krebskrankheit. Als er während der globalen Verbreitung der Schweinegrippe ebenfalls vom H1N1-Virus infiziert wurde, prognostizierte man ihm einen Krankenstand von zwei Wochen Dauer - doch bereits zwei Tage (!) später stand er schon wieder in der Startelf.

Wann er nun allerdings wieder einsatzbereit ist, ist unklar. Der FC Barcelona steht jedoch weiterhin zu seinem Spieler: Erst im Februar 2012 verlängerte er seinen Vertrag bis 2013 inklusive einer automatischen leistungsbedingten Vertragsverlängerung bis 2015.

Die Fußballwelt fiebert auf das Comeback von Abidal hin, auf das wir hoffentlich nicht mehr lange warten müssen.



Ànims Éric-Sylvain Bilal Abidal!