Montag, 20. Oktober 2014

Q&A @Religion

Trotz meines Daseins als Atheist besuche ich gerne den Religionsunterricht, da hier oft sehr interessante Themen diskutiert werden. In diesem Posting möchte ich auf mehrere Fragen unseres Lehrers eingehen.

Auf unserer Online-Plattform haben wir von unserem Religionslehrer die Aufgabenstellung erhalten, folgende Fragen zu beantworten:

a) "Wer nicht glaubt, hat keinen Sinn im Leben!" - Betrachten Sie diese Behauptung aus der Sicht eines Gläubigen und aus der Sicht eines Nicht-Gläubigen. Welche Antworten könnten diese geben?
b) Hat der Glaube wegen der Entdeckungen der Naturwissenschaften und des technischen Fortschrittes abgenommen? Bleibt für Gott noch Platz?
c) Wie sehr kann der Glaube - Ihrer Meinung nach - in schwierigen Situationen helfen? Ist dies für Sie eine Möglichkeit der Krisenbewältigung?

a)
Grundsätzlich gilt: Nicht alle Gläubigen sind gleich. Für einen Strenggläubigen würde diese Aussage wohl uneingeschränkt zutreffen, für einen durchschnittlichen gläubigen Menschen jedoch in der Regel nicht. Hierbei gilt es die individuellen Unterschiede zu beachten, da jeder gläubige Mensch seinen Glauben anders auslebt. Für den Durchschnittsmenschen, der an die Ansichten einer Religion zumindest in einem gewissen Maße glaubt (und nicht unbedingt Mitglied von Scientology ist...) steht der Glaube sicherlich nicht im Mittelpunkt des Lebens, sondern fungiert als unterstützende Kraft in schwierigen Situationen (beispielsweise durch Gebete), oder spielt zu bestimmten Anlässen wie Taufe, Kommunion oder Hochzeit eine Rolle.

Pauschal könnte man behaupten, dass die Lebensphilosophie, nicht an einen Gott, einen Himmel oder ähnliche theologische Vorstellungen zu glauben, jedoch andere eigene Vorstellungen zu haben, zum Beispiel vom Leben nach dem Tod, das für die meisten Atheisten nicht existiert, auch eine Art "Glauben" ist. Den konkreten Sinn im Leben würde allerdings trotzdem kein Atheist in diesen Thesen sehen, lediglich eine "Erklärung der Randbedingungen". Vor geraumer Zeit habe ich auf die Frage nach dem Sinn des Lebens folgende Antwort verfasst:
"Der Sinn des Lebens ist pauschal nicht bestimmbar und für jeden Menschen ein individuell definierter Parameter, dessen Form ebenfalls keiner Generalisierung unterliegt. Zudem ist dieser Parameter in seinem vollen Umfang während des gesamten Lebensprozesses nur selten ein Fixum, sondern in der Regel wandelbar."
Somit kann der Sinn des Lebens absolut alles sein: Familie/Kinder, Liebe/Partnerschaft, Beruf/Karriere/Geld oder auch einfach nur aus jedem Moment das Maximale herauszuholen, um am Ende sagen zu können, "man habe sein Leben ordentlich gelebt".

b)
Meine Ansicht zu Religion ist die, dass sie aus zweierlei Gründen entstanden ist:

1. Um eine Gemeinschaft zu haben - ein gemeinsamer Glaube, der die Menschen zusammenbringt und in schlimmen Situationen unterstützt, aber auch zum positiven Erleben von gemeinschaftlichen Ereignissen anregt.

2. Um eine Erklärung für Geschehnisse zu bekommen, die zum jeweiligen Stand der Dinge noch nicht rational erklärbar gewesen sind. Somit könnten beispielsweise verschiedenste "Wundertaten" aus der Bibel heutzutage logisch erklärbar sein, waren jedoch vor rund 2000 Jahren für die Menschen übernatürlich. Generell behaupte ich, dass die Menschheit vor einigen Jahrtausenden weit naiver war als heute, da zu dieser Zeit noch eine viel größere Anzahl von Grundsatzfragen über das Leben offen war als heutzutage.

Und nachdem auch zum heutigen Stand der Wissenschaft noch einige dieser Fragen offen oder zumindest nicht eindeutig beantwortbar sind, ist noch genügend Spielraum vorhanden, auch aus rationalen Überlegungen seinen Glauben in einer Religion zu finden. Wir wissen nur, dass unser Universum beim Urknall zufällig aus dem Nichts entstanden ist. Rundherum bleibt jedoch viel Raum für Spekulationen; und somit auch in den Vorstellungen mancher Menschen Platz für Gott.

Aber: Der Trend geht sicher dazu, die Welt rationaler zu sehen. Die heutige Großeltern-Generation wurde sehr oft noch strenggläubig erzogen, dies hat mit der Elterngeneration jedoch schon stark abgenommen und ist in der heutigen Erziehung ein fast schon komplett unwichtiges Randdetail geworden. In meinem Umfeld nehme ich wahr, dass die heutige Generation immer mehr Atheisten - oder zumindest Agnostiker - hervorbringt und Religion immer mehr an Bedeutung verliert, zumindest im westlichen, hauptsächlich katholischen Raum.

c)
Für gläubige Menschen kann ihr Glaube in Krisensituationen ein wichtiger Halt sein, da er sie unterstützt und auf bessere Zeiten hoffen lässt. Dies gilt sowohl für das Ausleben der Religion alleine, beispielsweise in Form von Gebeten, als auch - oder insbesondere - in der Gruppe, da man Hilfe in der Religionsgemeinschaft suchen kann.

Zumindest für Probleme, die aus rein logischer Sicht nicht lösbar sind, lässt sich das Konzept des Glaubens anwenden. Zum Beispiel kann das Ableben einer geliebten Person nur auf einer emotionalen Ebene verarbeitet werden. Hierbei kann man professionelle, therapeutische Hilfe zu Rate ziehen und optional als Unterstützung seinen Glauben als Hilfe hernehmen (=> "Wenn ich selbst sterbe, sehe ich diese Person im Himmel wieder"). Oder auch der eigene Tod kann ertragbarer werden, wenn man daran glaubt, danach in den Himmel zu kommen oder je nach Religion auch reinkarniert zu werden. Somit kann Glaube per se durchaus manchen Menschen in bestimmten Situationen weiterhelfen.